Äußerungen und Einwände zur Änderung des Flächennutzungsplans und zum Bebauungsplan Entwurf Nr. 069 „Seilrutschenpark Hoher Hagen“

  1. Grundsätzlich missachten die ausgelegten Entwürfe des Flächennutzungsplans sowie des Bebauungsplans Nr. 069 „Seilrutschenpark Hoher Hagen“ das derzeit gültige Regionale Raumordnungsprogramm des LK Göttingen von 2010.
    Nach dem gültigen Programm handelt es sich bei der aus dem LSG herausgelösten Fläche am Hohen Hagen um ein Vorbehalts- bzw. Vorranggebiet Natur und Landschaft mit der Kennzeichnung E im Dreieck als „bedeutsamer Erholungsschwerpunkt“. Dies bedeutet, dass es sich hier um ein Vorranggebiet für „ruhige Erholung“ handelt. (s. Übersichtskarte des RROP 2010). Abgesehen von der unmittelbaren Nähe zur Fläche zum Gebiet NATURA 2000 (was an sich schon eine Beeinträchtigung für Flora und Fauna bedeutet) geht das RROP in seiner Begründung direkt auf die Fläche am Hohen Hagen ein: „Feste Freizeitanlagen, wie z.B. der geplante Seilgarten bei Dransfeld, müssen sich insbesondere der ruhigen Erholungsfunktion des Waldes unterordnen und dürfen nicht zu unverträglichen Lärmbelästigungen führen“ (RROP Begründungen S. 143) Ein Funpark sowie die genannten Attraktionen widersprechen eklatant den im gültigen RROP dargestellten Nutzungsmöglichkeiten und den dort festgelegten Einschränkungen.

  2. Der gültige F-Plan der Samtgemeinde kennzeichnet den größten Teil der Fläche inkl. Steinbruch als „Wald“.
    Nur eine kleine Fläche am Turm wird als Sondergebiet für „Gastronomie und Erholung“ bezeichnet. In den Entwürfen werden 2000qm bebaubare bzw. überbaubare Fläche genannt. Nicht mitgerechnet werden Flächen für Ständer, Türme, Fundamente, Sicherungsseile. Zusätzlich ergeben sich aus den Unterlagen für die Seilrutschen erforderliche Schneisen sowie große Flächen, die gerodet und ständig gegen Verbuschung freigehalten werden müssen (s. Karte) Kommen noch die Zuwegungen für schweres Gerät, Baufahrzeuge, die Verlegung von Wanderwegen dazu, so muss von größeren Baumfällungen ausgegangen werden. B-Plan Begründung S. 38. Dies widerspricht dem Gebot der Walderhaltung (s. Nieders. Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung-NWaldLG) 3.2.1.02(1) s.23 Sicherung und Entwicklung der Schutz-, Nutz- und Erholungsfunktion des Waldes. () … wobei die „ruhige Erholung“ Vorrang haben soll.“
    Weiter auf S. 24 „Waldflächen sind ungeachtet ihrer wirtschaftlichen Nutzung zu erhalten“ Die hier vorgestellten Planungen führen zu einer erheblichen Waldumwandlung. Eine Genehmigung hierzu scheint nicht vorzuliegen. (Waldumwandlungsgenehmigung) Sie bildet aber die Voraussetzung um Umwandlung von Wald in über- und bebaubare Flächen sowie nutzungsveränderte Flächen mit einem F- bzw. B-Plan zu genehmigen.

  3. Mit dem B-Plan sollen 30 Röhren- und Halbschalenrutschen für das Gebiet genehmigungsfähig werden, sowie Masten, Fundamente und Halteseile für mehrere Kilometer Seilrutschen.
    Unspezifisch ist jedoch deren Lage. Das Natur-/Industriedenkmal Basalt (-Abbau) wird durch einen ausführlichen Geologie Pfad gewürdigt. Der nördliche offene Basaltsteilhang wird nicht vor Rodungen, dem Bau von Röhrenrutschen sowie weiteren Eingriffen durch Fundamente und Halteseile geschützt. Es fehlen Angaben zu Anzahl und Lage von Masten und Fundamenten für Rutschen. Eine maximale Masthöhe wird nicht genannt. Die besondere und schwierige Geologie des ehemaligen Steinbruchs wird nicht behandelt. Es fehlen Aussagen zu den unterschiedlichen Untergründen. Handelt es sich bei den nördlichen und östlichen Rändern um poröse Basalt- und Tuffsteinschichten mit Sandeinlagen, bilden die westliche und südliche Seite instabiles Gelände aus Bodenaufschüttungen unterschiedlichster Zusammensetzungen. Diese Voraussetzungen lassen befürchten, dass mit erheblichen zusätzlichen baulichen Eingriffen zu rechnen ist; es im Ergebnis zu erheblich stärkeren Eingriffen in Umwelt und Landschaft kommen wird, als mit diesen Planentwürfen beschrieben wird. B-Plan Begründung S. 37. Die Einbeziehung des Turmes in die Konzeption des Fun-Parks erfordert eine intensive Beschäftigung mit der Betrachtung der Fundamentsituation (Geologie) und der Statik des Turms. Hierzu fehlen Aussagen bzw. Gutachten.

  4. Bedrängung des Schullandheims und der Bildungsstätte Haus-Hoher-Hagen mit einem Schwerpunkt Natur und Ökologie durch einen Fun-Park.
    Nach Auskunft des Investors wird es im Betrieb des Fun-Parks zu Lärmbelästigungen kommen. Ein wesentlicher Bestandteil der Bildungsarbeit im Schullandheim findet im Freien statt. Aus den Planungsunterlagen geht hervor, dass direkt an der Grenze zum Haus-Hoher-Hagen Attraktionen vorbeiführen. Auch scheinen in unmittelbarer Nähe zum Haus-Hoher-Hagen die Hänge vorgesehen zu sein für die Installation von Röhrenrutschen. Dies führt zu Lärmbelästigungen, die durch die Kesselbildung des alten Steinbruchs noch verstärkt wird. Wir befürchten für das Schullandheim und die Bildungsstätte erhebliche Beeinträchtigungen bei der Erfüllung seines Bildungsauftrages und im Hinblick auf die zukünftige Nutzung des Hauses durch Gruppen. Eine inhaltliche und wirtschaftliche Gefährdung der für den Landkreis so wichtigen Einrichtung ist daher real. Einige Wanderwege führen über das Gelände des Haus-Hoher-Hagen. Es ist zu befürchten, dass diese Wege zusätzlich von Park Besucher*innen als Verbindungswege zwischen den Stationen genutzt werden müssen. (s. S. 14 BP Begründung) Dies bedeutet eine erhebliche und zusätzliche Belastung für die Bildungseinrichtung.

  5. Viele regionale und überregionale Wanderrouten sowie ein Pilgerpfad führen über den Hohen Hagen.
    Die ausgelegten Pläne zeigen, dass Wanderwege direkt vom Fun-Park beeinträchtigt werden, Wege also streckenweise verlegt werden müssen. Die mühsam über Jahre entwickelte sanfte touristische Erschließung des Hohen Hagens auf dem Gebiet Wandern wird durch den geplanten Bau mit diesem Ausmaß empfindlich gestört und zurückentwickelt. Dies bestätigen Aussagen z.B. aus dem Bereich des DAV. Einige Wanderwege führen über das Gelände des Haus-Hoher-Hagen.

  6. Die Kommentierungen der Pläne zeigen, dass es zu Beeinträchtigungen der Flora und Fauna sowie der Umwelt kommen wird. B-Plan Begründung Fazit 10.3 S. 39.
    Unterstützt werden diese Einschätzungen von BUND und NABU. Außerdem macht die Karte des geplanten Fun-Parks deutlich, dass mit einer kompletten Veränderung der Landschaft am Hohen Hagen zu rechnen ist. Zahlreiche Stahlseile für 30 Doppelseilrutschen auf unterschiedlichem Höhenniveau überspannen dann in bedrängender Weise, den für viele Erholung suchende Menschen so beliebten ehemaligen Steinbruch, wie ein Spinnennetz. Wir fürchten, dass die über Jahrzehnte betriebene Renaturierung und Aufforstungsbemühung zerstört werden. Wir bezweifeln, dass die beteiligten Akteure und Finanzierer dieser Maßnahmen über die Auswirkungen der geplanten Umwandlung informiert sind. So gilt z.B. der ehemalige Steinbruch mit seiner Renaturierung und Aufforstung als Ausgleichsmaßnahme für den Bau der ICE Strecke. Bei der Anzahl an Bauwerken und einer erwarteten Besucher*innenzahl von 45.000 pro Jahr wird der Lebensraum für seltene und störungsempfindliche Arten wie Wildkatze, Grauspecht und Waldschnepfe der Gaußturmkessel als Lebensraum unbrauchbar. Gerade einmal 0,4 ha Ausgleichsfläche für den Grauspecht für eine verlorene Fläche von ca. 14 ha durch den Fun-Park sind nicht ausreichend. Der Hohe Hagen als wesentlicher Bestandteil des Naturpark Münden unterliegt dem Naturparkplan. Dieses Gebiet soll danach zu einem „zeitgemäßen Erlebnisareal entwickelt werden – selbstverständlich in einer ökologisch und sozial nachhaltigen Form“ (s. Naturparkplan in B-Plan Begründung S. 33) Diese Anforderung steht im krassen Widerspruch zu einem Fun-Park in derartig raumgreifendem Ausmaß.
    In einer Tabelle führt das Planungsbüro Punkte auf, die die Richtlinien des anliegenden FFH Gebietes unmittelbar betreffen. (B-Plan Begründung S. 30.) Kommt aber 3 Seiten weiter zu dem Schluss: „eine FFH Verträglichkeitsprüfung ist nicht erforderlich“ S. 36
    In B- und F-Plan kommen das Planungsbüro unverständlicherweise und sich selber widersprechend zu dem Schluss: „Nach derzeitigem Bearbeitungsstand muss damit gerechnet werden, dass mit dem Vorhaben erhebliche Beeinträchtigungen der Umweltbelange verbunden sein werden.“ (P-Plan S. 39)

  7. Infrastruktur: Laut Plan ist mit einer durchschnittlich täglichen Nutzung des Fun-Parks von ca. 250 Personen zu rechnen.
    Erreichen können sie den Parkplatz am Hohen Hagen nur mit dem PKW. Eine Anbindung an den ÖPNV ist nicht vorgesehen. Zusätzliche direkt erschließende Fuß- und Fahrradwege sind nicht vorgesehen. Bemerkt wird, dass der vorhandene Parkplatz nicht ausreicht. Er soll in Richtung Turm erweitert werden. Die Planzeichnung (ohne Maßstab) sieht jedoch eine Erweiterung in drei Richtungen vor. Also ein Erweiterung Richtung Westen Längsseite, was bedeutet, dass die Bühne verschwinden und der Hang mit seinem Baumbestand um ein erhebliches Stück abgetragen werden muss. Das in nordwestlicher Richtung liegende Wasserrückhaltebecken erscheint auf der Zeichnung gar nicht. Die Erweiterung in nördlicher Richtung ist ebenfalls unklar, da die Zufahrtsstraße zum Haus Hoher Hagen nicht eingezeichnet ist. Bei der Parkplatzkalkulation wird nicht einbezogen, dass das Haus Hoher Hagen ebenfalls Nutzerin des Parkraumes ist und dass auch Parkraum vorgehalten werden muss für Menschen, die zwar den Hohen Hagen besuchen wollen, aber nicht den geplanten Fun-Park.
    F-Plan und B-Plan beschreiben die Zu- und Abfahrt von der Bundesstraße in Dransfeld über die Hoher Hagen Straße zum geplanten Fun-Park. Die Menschen an der Hoher Hagen Straße, als Wohn- aber auch Ortsverbindungsstraße, sind bereits heute durch ein starkes Verkehrsaufkommen belastet. Zu den An-/Abreisen zum Ausflugsziel Hoher Hagen, den Sportanlagen, der Grundschule, der Kita, dem Campingplatz und dem Freibad käme mit dem geplanten Fun-Park ein erhebliches, zusätzliches Verkehrsaufkommen dazu. Die Besucherzahlen für den Fun-Park sind Durchschnittszahlen. D. h. es muss davon ausgegangen werden, dass an sonnigen Wochenenden mit erheblich höheren Zahlen zu rechnen ist. Hier fehlen belastbare Untersuchungen! Genau zu diesen Zeiten steigt erfahrungsgemäß auch der Besucherstrom zum Freibad. An- und Abreise auf dem Campingplatz finden überwiegend ebenfalls an Wochenenden statt. Der Entwurf ignoriert vollständig die bereits sehr hohe Belastung durch den Autoverkehr in der Hoher Hagen Straße. Die Einschätzung, die Zufahrtswege könnten den zusätzlich zu erwartenden Verkehr problemlos verkraften, wird in den Unterlagen mit keiner Untersuchung belegt. B-Plan Begründung S. 28 „Der Ziel- und Quellverkehr wird sich saisonal wesentlich erhöhen“.

  8. Mit einem wesentlichen wirtschaftlichen Aufschwung für Dransfeld ist bei einer derartigen touristischen Einrichtung nicht zu rechnen.
    Der Firmensitz der Schattenspringer GmbH befindet sich nicht in Dransfeld. Somit ist davon auszugehen, dass auch nicht hier versteuert wird. Auch nennenswerte Arbeitsplätze werden nicht geschaffen. Nach Aussage des Investors/Betreibers ist mit 5 bis 6 Saison Arbeitsplätzen im Teilzeit- und Niedriglohn Sektor zu rechnen. (Geeignete Stellen für Sport Student*innen aus Göttingen oder Kassel. Laut Auskunft des Investors sinngemäß) Der Fun-Park ist durch seine Attraktionen auf den Durchlauf hoher Besucherinnen Zahlen angelegt. Das passive Konsumieren wird nicht zur längerfristigen Bindung an den Park führen. Dies könnte eher eine Einrichtung bewirken, die aktives Nutzen vorsieht wie z. B. ein Kletterpark. Rasch an- und abfahrende Besucher*innen werden aber Geschäfte etc. in Dransfeld nicht zum „Shoppen“ nutzen.

Abschließend ist anzumerken: Wir finden es beschämend, dass mit den Änderungen des Flächennutzungsplanes und der Aufstellung eines Bebauungsplanes 069 die Forderungen und Wünsche des Investors quasi 1 zu 1 von Stadt und Samtgemeinde übernommen werden. Auf die Möglichkeiten der eigenen Gestaltung wird hier verzichtet. Durch eine quasi Nichtbeteiligung der Bevölkerung sowie der Räte an der Entwicklung dieser Planentwürfe und eines sehr sparsamen Auslegungszeitraumes mit minimal notwendiger Ankündigung ist hier ein Beispiel gegeben worden für eine abgehobene kommunale Umgehensweise mit sonst üblichen demokratischen Gepflogenheiten. Wir beantragen daher eine Verlängerung der Auslegung (mit Fristverlängerung für Einwände) bzw. eine Neuauflage der frühzeitigen Beteiligung. Wir erwarten im weiteren Verfahren eine breite Information der Bevölkerung über die geplanten Maßnahmen und deren Auswirkungen auf Natur, Landschaft und Region. Wir wünschen uns eine echte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Planung zur touristischen Nutzung unter Einhaltung von sozialen, ökologischen und umweltverträglichen Standards.